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Grenzgänger zwischen Orient und Okzident: Max von Oppenheim (1860–1946)

Max von Oppenheim lebte ein außergewöhnliches Leben der unterschiedlichsten Facetten und Karrieren: Er war Forschungsreisender und Abenteurer, Ethnologe und Archäologe, Wissenschaftsmanager und Museumsgründer, politischer Mitgestalter und engagierter Vermittler zwischen Orient und Okzident. Immer wieder kam es Brüchen in seiner Biographie, die Oppenheim veranlassten, sich neu zu erfinden.

Bild: Max von Oppenheim im Hof des Grabungshauses, Tell Halaf 1912/13

Kindheit und Jugend

Max von Oppenheim wurde am 15. Juli 1860 in Köln geboren. Sein Vater Albert war Chef des 1789 gegründeten Bankhauses Sal. Oppenheim jr. & Cie., das zu den renommiertesten Privatbankhäusern Europas zählte. Auch als wohltätige Stifter und Mäzene spielte die Familie eine führende Rolle. Ihr unternehmerisches Denken, ihre Weltoffenheit und Liebe zu Kunst und Kultur prägten Max von Oppenheims Charakter und Weltbild.

Selbstverständlich wurde seine Erziehung auf die Nachfolge in der Bank ausgerichtet. Aber Max von Oppenheim hatte andere Vorstellungen von seiner Zukunft, seitdem er als Jugendlicher eine Ausgabe von »Tausend und eine Nacht« gelesen und die populären Reiseberichte deutscher Forschungsreisender verschlungen hatte. So wie sie wollte er die islamische Welt erkunden. Was seine Eltern zunächst als jugendlichen Überschwang einstuften, reifte mit den Jahren zu einem ernsthaften Ziel. Es folgte ein jahrelanges Tauziehen zwischen Eltern und Sohn um den richtigen Weg. Als Kompromiss ließ sich Max von Oppenheim auf ein Jurastudium ein, das er in Straßburg und Berlin absolvierte. 1883 legte er sein Erstes Staatsexamen und die juristische Doktorprüfung ab, quälte sich danach durch die Referendarzeit und durch ein ereignisloses Berufsjahr in der preußischen Verwaltung. Schließlich hatte Albert von Oppenheim ein Einsehen. Er verzichtete nicht nur auf die Durchsetzung seiner Wünsche, sondern sicherte seinem Sohn vorbehaltlose Unterstützung zu – ein großherziger und weiser Schritt.

Albert von Oppenheim (1834-1912) in seinem Arbeitszimmer, um 1880

Erste Reisen

Nachdem sich der Plan einer Expedition zum Tschadsee in Zentralafrika zerschlagen hatte, brach Max von Oppenheim Ende 1892 zu einer Forschungsreise in den Nahen Osten auf. In Kairo, wo er die nachfolgenden Monate verbrachte, tauchte er ein in die Welt der Einheimischen, schloss Freundschaften, verbesserte seine arabischen Sprachkenntnisse. Die eigentliche Expedition begann im Sommer 1893 in Damaskus und führte über 1200 Kilometer bis nach Basra am Persischen Golf. Er durchquerte Landstriche, die noch kein Europäer betreten hatte, und traf erstmals in seinem Leben auf Beduinen. Oppenheim fühlte sich augenblicklich zu ihnen hingezogen, vor allem bewunderte er ihren Stolz und ihr Freiheitsgefühl. Er begann, ihre Abstammungsverhältnisse aufzuzeichnen, die bisher nur mündlich tradiert worden waren. Den Beduinen galten sie als Kern ihrer Identität. Die ethnologischen Studien über die Wüstennomaden begleiteten Max von Oppenheim sein ganzes Leben lang und gipfelten in einem vierbändigen wissenschaftlichen Werk, das zu einem Standardwerk der Beduinenforschung geworden ist.

Weitaus früher fand die vorderasiatische Expedition ihren literarischen Niederschlag. 1899 und 1900 erschienen seine zweibändigen Reisebeschreibungen, die ihm internationale Anerkennung einbrachten. Bereits 1895 unternahm Oppenheim eine weitere Orientreise. Höhepunkt war eine Audienz bei Sultan Abdul Hamid II., dem Herrscher des Osmanischen Reiches. In dem Gespräch ging es vor allem um den sogenannten Panislamismus. In der Stärkung des gemeinsamen islamischen Glaubens hoffte der Sultan, der als Kalif gleichzeitig geistliches Oberhaupt aller Muslime war, die entscheidende Gegenkraft gegen die wachsende westliche Dominanz zu finden.

Im deutschen Generalkonsulat Kairo

Zurück in der Heimat stellte sich Max von Oppenheim Mitte der 1890er-Jahre die Frage nach seiner beruflichen Zukunft. Sein Traum war, dem Deutschen Reich als Diplomat im Orient zu dienen. Dafür brachte er zweifellos hervorragende Fähigkeiten und Kenntnisse mit. Aus der Sicht des Auswärtigen Amts jedoch haftete seiner Herkunft ein doppelter Makel an: seine jüdische Abkunft und der Reichtum seiner Familie. Söhne gerade aus Bankiersfamilien waren wegen ihrer finanziellen Unabhängigkeit nicht gern in auswärtigen Diensten gesehen. Zudem waren die meisten Bankiersdynastien jüdisch oder hatten eine jüdische Tradition. Letzteres traf auch auf Max von Oppenheims Familie zu. Der Vater hatte erst vor der Hochzeit den katholischen Glauben seiner Braut angenommen. Für Max von Oppenheim erwies sich der »Zufall seiner Geburt« (so ein späterer Vorgesetzter) als entscheidendes Karrierehemmnis, da Antisemitismus Ende des 19. Jahrhunderts auch in der Personalpolitik des Auswärtigen Amts salonfähig geworden war.

Dennoch gab Max von Oppenheim nicht auf. Mithilfe einflussreicher Freunde im Amt erreichte der 36-Jährige die Attachierung an das deutsche Generalkonsulat in Kairo. Oppenheim hoffte, sich dort so nachhaltig zu profilieren, dass sein Aufstieg vom zweitrangigen konsularischen Dienst in das diplomatische Corps zwangsläufig sein müsse. Dreizehn Jahre, von 1896 bis 1909, verbrachte er in der ägyptischen Hauptstadt.

Dort war es jedoch schwieriger für ihn als erwartet. Sein offizieller Auftrag, »den Bewegungen des Islam in allen seinen Ausstrahlungen zu folgen«, war ungenau formuliert und in der Sache völlig überzogen. Zudem galt die Anstellung am Konsulat nur kommissarisch für jeweils ein Jahr. Auch wenn die Bewilligung der Verlängerung immer mehr zur Formsache wurde, stempelte ihn dieser unsichere Status zum Außenseiter.

Spielräume geschickt genutzt

Der selbstbewusste Oppenheim ging jedoch über diese Demütigungen hinweg und konzentrierte sich stattdessen auf die Privilegien, die mit seinem Auftrag verbunden waren. Dazu zählte das Recht der direkten Berichterstattung an den Reichskanzler. 467 politische Berichte sandte Oppenheim im Laufe der Jahre nach Berlin, zumeist ausführliche Stimmungsbilder, die von der komplexen politischen Lage im Osmanischen Reich, von der panislamischen Bewegung, von den Beduinen, von allerlei religiösen und kulturellen Fragen handelten. Allerdings wurden seine Beobachtungen zumeist direkt zu den Akten gelegt und nur gelegentlich in Abschrift an diplomatische Außenposten verschickt.

Oppenheim erhielt ferner die Erlaubnis, Informationsreisen nach seinem Gutdünken durchzuführen, ja wurde ausdrücklich ermuntert, seine intensiven Kontakte mit der einheimischen Bevölkerung zu pflegen. Dem geschickten Netzwerker öffneten nicht nur seine Sprachkenntnisse die Türen, sondern auch seine Einstellung gegenüber dem Orient. Anders als die meisten europäischen Zeitgenossen vermochte er seinen Patriotismus mit Toleranz und Respekt für die dortigen Kulturen zu vereinen. Die hervorragenden Beziehungen, die er zu einheimischen Würdenträgern aufbaute, schürten indes das Misstrauen vor allem der britischen Regierung. Großbritannien hatte Ägypten 1882 besetzt, um den 13 Jahre zuvor eröffneten Suez-Kanal, die Lebensader der Kolonialmacht nach Indien, zu schützen. In ständiger Sorge um die Absicherung ihres Weltreichs begriffen, stilisierten die Briten den missliebigen Gesandtschafts-Attaché zur größten Bedrohung des British Empire und etablierten mithilfe gezielter Pressekampagnen ein fragwürdiges Image des Deutschen.

Ausflug in die Wüste. Mi. Max v Oppenheim
Ausflug in die Wüste., Mi. Max v Oppenheim

Jenseits der Dienstgeschäfte

Das Leben in Kairo bestand jedoch nicht nur aus Problemen. In seiner Villa, die symbolträchtig auf der Grenze zwischen alt-arabischem und europäischem Viertel lag, führte Oppenheim ein glanzvolles gesellschaftliches Leben, seine Feste galten bald als legendär. In der ägyptischen Hauptstadt konnte Oppenheim auch seine Sammlerleidenschaft ausleben, die bereits in Deutschland begonnen hatte. In den Bazaren erstand er Gegenstände des orientalischen Alltags, mit denen er seine Villa so ausstattete, dass sie seinem Bild eines vornehmen arabischen Haushalts vor Beginn des europäischen Einflusses entsprach. Gleichzeitig appellierte er mit Nachdruck an die einheimischen Kunsthandwerker, ihre hoch entwickelten Traditionen nicht dem europäischen Geschmack zu opfern, der enorm an Einfluss gewonnen hatte.

Im Jahr 1899 begab sich Oppenheim auf eine Forschungsreise nach Nordsyrien. Dies war zunächst lediglich eine Verlegenheitslösung, da ihm das Auswärtige Amt die eigentlich projektierte Expedition auf die arabische Halbinsel aus politischen Erwägungen untersagt hatte. Aus denselben Gründen hatte sein Arbeitgeber Einwände gegen eine Beraterrolle Oppenheims in Diensten der Deutschen Bank erhoben. Ihr Vorstandssprecher Georg von Siemens hatte sich mit der Bitte an den ausgewiesenen Orientkenner gewandt, bei der Trassenfindung der geplanten Bagdadbahn behilflich zu sein, deren Bau im Wesentlichen vom größten deutschen Kreditinstitut finanziert werden sollte.

Eine schicksalhafte Entdeckung

Die vermeintlichen Enttäuschungen erwiesen sich jedoch als glückhafte Wendung des Schicksals. In Südost-Anatolien traf Oppenheim mit Ibrahim Pascha zusammen, dem Oberhaupt der Milli-Beduinen. Dieser berichtete ihm von eindrucksvollen steinernen Tierbildern mit Menschenköpfen, die beim Ausheben eines Grabes in der Nähe der Ortschaft Ras al-Ain ans Licht gekommen waren. Nach vier Tagesreisen erreichte Oppenheim das kleine Dorf. Aber erst nach energischem Insistieren waren die abergläubischen Dorfbewohner bereit, ihm die Fundstelle auf dem Tell Halaf genannten Siedlungshügel zu zeigen. Die Steinbilder, die er dort ohne große Mühe freilegte, empfand er sofort als etwas Außerordentliches. Da er keine Grabungslizenz besaß, stellte er die Arbeiten jedoch nach einem halben Tag wieder ein.

Blick auf den östllichen Teil des Grabungshügels, 1899

Oppenheim als Ausgräber

Es dauerte bis 1910, ehe Oppenheim, zermürbt von enttäuschten Hoffnungen und den britischen Pressekampagnen, seinen Abschied vom Auswärtigen Dienst nahm. Der Tell Halaf wurde nun zu seinem neuen Lebensinhalt. Der archäologische Autodidakt gewann für seinen fünfköpfigen Mitarbeiterstab die besten Fachleute, allen voran Felix Langenegger, der bereits in Babylon unter Robert Koldewey gearbeitet hatte. Die Kosten der Grabung trug seine Familie, insgesamt etwa 750.000 Mark. Ein Vergleich zeigt den Wert dieser Summe: Das durchschnittliche Jahresgehalt eines deutschen Arbeiters betrug damals 1100 Mark.

Zwischen 1911 und 1913 legte Oppenheims Team die Überreste der aramäischen Stadt Gūzāna frei, die ihre Blütezeit an der Wende vom 2. zum frühen 1. Jahrtausend v. Chr. erlebt hatte. Prunkstücke waren die eindrucksvollen Skulpturen und Steinreliefs einer Palastfassade sowie monumentale Grabfiguren. Hinzu kam eine außergewöhnliche Buntkeramik aus dem 7. und 6. Jahrtausend v. Chr., die nach ihrem Fundort als Halaf-Keramik bezeichnet wird. Oppenheim sandte Berichte über die Ausgrabung an den Kaiser, der begeistert war und ihn mehrmals während seiner Sommerurlaube zum persönlichen Bericht ins Berliner Stadtschloss einlud. 1912 besuchte Oppenheim die Grabung des britischen Archäologen Leonard Woolley in Karkemisch und traf dort dessen Assistenten Thomas E. Lawrence, der wenige Jahre später Oppenheims politischer Widersacher werden sollte.

Strategien im Ersten Weltkrieg

Im Jahr 1913 unterbrach Oppenheim seine Grabung, um die Fülle der bisherigen Erkenntnisse zu systematisieren. Die geplante Wiederaufnahme vereitelte der Beginn des Ersten Weltkriegs, durch den sein Leben eine neue unvorhergesehene Wendung erfuhr. Im Sommer 1914 hatte die politische und militärische Führung Deutschlands die Idee formuliert, eine deutsch-islamische Allianz zu formen und die Millionen Muslime unter englischer, französischer und russischer Herrschaft zum Aufstand gegen ihre Kolonialherren aufzustacheln, denen eine solche Situation bereits seit Jahren als Angstszenario vor Augen stand.

Tatsächlich wurde am 2. August 1914 ein Bündnisvertrag zwischen Deutschland und dem Osmanischen Reich geschlossen. Nun besann sich das Auswärtige Amt des Orientkenners außer Diensten. Oppenheim versuchte sich seinerseits zu empfehlen, indem er die unterschiedlichen Möglichkeiten einer deutschen Aufwiegelungsstrategie in seiner »Denkschrift betreffend die Revolutionierung der islamischen Gebiete unserer Feinde« sammelte und zusammenfasste. Noch ehe Oppenheim sein Memorandum vollendet hatte, rief Sultan-Kalif Mehmed V. tatsächlich den Heiligen Krieg gegen die Feinde des Osmanischen Reiches und deren Verbündete aus.

Chef der Propaganda

Zur praktischen Umsetzung der Pläne beauftragte das Auswärtige Amt Max von Oppenheim. Er gründete die »Nachrichtenstelle für den Orient«, die Propagandamaterial für die unterschiedlichen muslimischen Zielgruppen im Mittleren Osten und Indien herstellen und verbreiten sollte. Nach rund sechs Monaten gab Oppenheim die Leitung auf, um ins Osmanische Reich zu reisen, wo er persönlich für die Idee eines muslimischen Aufstands werben wollte. Einer seiner Gesprächspartner war Sherif Hussein, der als Herrscher über die heiligen Stätten Mekka und Medina besonderes Ansehen in der muslimisch-arabischen Welt genoss. Oppenheim ahnte nicht, dass der Sherif fast gleichzeitig auch mit den Briten verhandelte. Diese stellten den arabischen Stämmen die Unabhängigkeit von türkischer Herrschaft in Aussicht, sollten sie auf britischer Seite kämpfen.

Während die deutschen Pläne praktisch ergebnislos versandeten, führte Thomas E. Lawrence, den Oppenheim einst in Karkemisch getroffen hatte, die Araber im Oktober 1916 zum siegreichen Aufstand gegen die Türken. Was die Araber noch nicht wussten: Bereits im März 1916 hatten sich Frankreich und Großbritannien in dem geheimen Sykes-Picot-Abkommen auf ihre Einflusssphären nach einem Sieg über das Osmanische Reich verständigt. Die versprochene arabische Unabhängigkeit hatte in diesen Überlegungen keinen Platz.

Neuorientierung als Gelehrter

Die deutsche Niederlage von 1918 und der Untergang des Kaiserreichs, dem er sich eng verbunden gefühlt hatte, waren schwere Schläge für Oppenheim. Zum Tell Halaf, der nun auf französischem Mandatsgebiet lag, durfte er nicht reisen, bis Deutschland 1926 in den Völkerbund aufgenommen wurde. Daher erfand er sich ein weiteres Mal neu: Er ließ sich nach Kriegsende als Privatgelehrter in Berlin nieder und arbeitete die bisherigen Ergebnisse seiner Forschungen und Entdeckungsreisen auf. Als organisatorischen Rahmen gründete er 1922 das Orient-Forschungs-Institut. Hier sollten sich junge Wissenschaftler verschiedener Disziplinen zusammenfinden und aus unterschiedlichen Perspektiven Geschichte und Kultur des Orients erforschen. Zur Wahrung seines Vermächtnisses gründete er 1929 außerdem die nach ihm benannte Stiftung.

Allerdings überschattete seit 1923 zunehmende Finanznot das Leben Max von Oppenheims. Die Inflation hatte sein gesamtes Barvermögen wertlos gemacht. Bis zu seinem Tod blieb er daher abhängig von Bankkrediten und der Unterstützung seiner wohlhabenden Kölner Verwandten. Es spricht für seine unverwüstliche Energie, dass er dennoch 1927 eine Reise zum Tell Halaf organisierte. Gegraben wurde nicht, aber ihm gelang ein überaus wichtiger Vertragsabschluss mit der französischen Mandatsregierung. Demnach sollten die von Oppenheim entdeckten Funde geteilt werden. Der größere Teil wurde ihm zugesprochen und nach Berlin transportiert. Alle anderen Objekte kamen nach Aleppo, wo Oppenheim ein kleines Museum einrichtete, das zur Keimzelle des heutigen Nationalmuseums wurde. 1929 kehrte der inzwischen 69-jährige Oppenheim auf den Tell Halaf zurück, um eine zweite, ebenfalls erfolgreiche Grabungskampagne durchzuführen.

Sein Wunsch, den Funden eine Heimstatt im neu erbauten Gebäude des Pergamonmuseums auf der Berliner Museumsinsel zu geben, zerschlug sich, hauptsächlich wegen unvereinbarer Vorstellungen über die finanzielle Abfindung des Forschers durch die Staatlichen Museen. Wiederum ließ er sich nicht entmutigen, sondern entschloss sich, in Eigenregie ein Museum zu gründen. Am 15. Juli 1930, Oppenheims 70. Geburtstag, öffnete das Tell Halaf-Museum in Berlin-Charlottenburg tatsächlich seine Pforten.

Zerstörung des Lebenswerks?

Die Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 stempelte Menschen jüdischer Abkunft wie Oppenheim zu Außenseitern und führte zu ihrer zunehmenden Ausgrenzung. Der renommierte Orientforscher konnte seine wissenschaftliche Tätigkeit jedoch fast ungestört weiterführen. Wahrscheinlich waren es alte Freunde im Auswärtigen Amt, die ihre Hand schützend über ihn hielten. Die Vermutung, das Regime habe ihn zum sogenannten »Ehrenarier« gemacht, entbehrt dagegen jeglicher Absicherung durch Quellen.

Obwohl er weiterhin arbeiten konnte, verliefen Oppenheims letzte Lebensjahre beinahe tragisch. Im Herbst 1943 wurde das Tell Halaf-Museum von Bomben getroffen. Auch seine Wohnung am Savignyplatz, die den Großteil seiner Orientalia-Sammlungen und seine rund 42.000 Bände umfassende Spezialbibliothek beherbergt hatte, wurde schwer beschädigt.

Oppenheim zog mit der wenigen Habe, die ihm geblieben war, nach Dresden, wo er im Februar 1945 den verheerenden Luftangriff überlebte. In Bayern fand er schließlich Unterschlupf bei Verwandten. Selbst nach diesen Schicksalsschlägen zeigte er einen unerschütterlichen Optimismus. In zahlreichen Briefen spornte er Freunde und Mitarbeiter getreu seinem Lebensmotto »Kopf hoch! Mut hoch! Und Humor hoch!« an, nach Überresten seiner Sammlungen zu suchen, Bücher wiederzubeschaffen und die Forschungsarbeit fortzuführen. Nach kurzer Krankheit verstarb Max von Oppenheim am 15. November 1946 in der bayerischen Stadt Landshut. Zu seiner Beerdigung erschien auch eine arabische Abordnung, um dem alten Freund des Orients ihren Respekt zu zollen.

Oppenheims Grabstätte auf dem Hauptfriedhof in Landshut

Die Inschrift lautet: »Hier ruht in Gott ein Mann, der die Wissenschaft, den Orient, die Wüste und den von ihm entdeckten und ausgegrabenen Tell Halaf geliebt hat.«