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Oppenheim als Sammlerpersönlichkeit

Bereits in seinem Elternhaus wurde die Leidenschaft zum Sammeln bei Max von Oppenheim geweckt. Seine Reisen in den Nahen Osten motivierten ihn zunächst, eine Kollektion kunstgewerblicher Gegenstände aus dem zeitgenössischen Alltagsleben aufzubauen. Mit der Erweiterung seiner Forscherambitionen ging der Ausbau seiner Sammelgebiete einher. Dies spiegelt nicht nur seine wissenschaftliche Interessen wider, sondern unterstreicht auch sein Ziel, möglichst vielfältige Aspekte dieses geographischen und kulturellen Raums durch anschauliche Objekte zu dokumentieren.

Bild: Teppichkauf im Hotel Khoudiviet el Koubra, Aleppo 1929

Interessen

Als Berliner Sammler für islamisches Kunsthandwerk befand sich Max von Oppenheim in bester Gesellschaft; auch die Bankiers Arthur von Gwinner (1856–1931), Emil Georg von Stauß (1877–1942) oder Herbert Gutmann (1879–1942) waren für ihre islamischen Sammlungen und Zimmer im »morgenländischen« Stil bekannt, doch keiner der Genannten vermochte diese Liebhaberei so konsequent auszuleben wie der studierte Jurist und Ministerresident a. D. Oppenheim.

Oppenheims zunehmendes Interesse für das Interieur vornehmer osmanischer Familien reichte von Gegenständen der Alltagskultur bis zu kostbaren Handschriften oder wertvollen Trouvaillen. Schon von seiner ersten Reise 1883 nach Kleinasien brachte er Wandbehänge, Teppiche, bestickte Textilien und Gewänder mit, für die er sich bis ins hohe Alter begeisterte. Die prunkvollen Kostüme sind ein besonders gutes Beispiel für sein Selbstverständnis als Sammler: Während heute strenge konservatorische Auflagen gelten, durften sich seine Gäste die schönsten Kleidungsstücke für Maskenbälle oder für besondere Anlässe ausleihen.
Einen zweiten Sammlungsschwerpunkt bildeten in Europa und Fernost gefertigte Kunst- und Gebrauchsgegenstände, die speziell für den Verkauf im Vorderen Orient bestimmt waren. Diese Exportartikel aus Böhmen oder China – Uhren, Porzellane, Glaswaren, Bronzen – sind in mehrfacher Hinsicht interessant, da sie nicht nur Auskunft geben über lokale Vorlieben, sondern auch anzeigen, dass sich zahlreiche ausländische Produzenten neue Wirtschaftsmärkte im Osmanischen Reich zu erschließen suchten.

Das große Empfangszimmer am Kurfürstendamm 203, Berlin, undatiert
Präsentation der Porzellansammlung in der Berliner Wohnung

Wie vortrefflich die Sammlung seinerzeit war, lässt sich daran ablesen, dass Oppenheim für die Münchner Ausstellung »Meisterwerke muhammedanischer Kunst« (Mai bis Oktober 1910) mehr als 80 Leihgaben zur Verfügung stellte. Auch an der zuvor eröffneten Sonderausstellung »Orientalische Buchkunst« des Kunstgewerbemuseums in Berlin (Februar bis März 1910) beteiligte er sich mit zahlreichen Leihgaben zur islamischen Schreibkunst.

Erwerbungsarten

Die Einkäufe wurden persönlich getätigt, in seinem Auftrag ausgeführt oder durch heimische Händler vermittelt. Leider sind die Umstände der Erwerbung nur selten ausführlicher beschrieben. Lange Einkaufslisten belegen, worauf beim Kauf zu achten war: »alle Arten Seidenprodukte des Landes«, »chinesisches Porzellan, unbedingt intakt« oder »feinste Stoffe für Liwane, um sie in Berlin zu verarbeiten«. Oppenheim war ein Pionier auf dem Sammelgebiet der traditionellen Hausinventare aus dem Ende des 18. und Beginn des 19. Jahrhunderts, für das sich die Museen noch nicht interessierten. Daher gelangen ihm zwischen 1896 und 1939, dem Jahr seiner letzten Orientreise, viele bemerkenswerte Ankäufe, darunter ein komplettes holzgetäfeltes Zimmer aus Damaskus, das 1943 im Tell Halaf-Museum verbrannte.

In späteren Jahren erwarb Oppenheim auch wissenschaftliche Nachlässe, um seine Bibliotheksbestände oder einzelne Sachgruppen sinnvoll zu ergänzen oder Verluste nach 1943 auszugleichen. Gelegentlich verkaufte er aber auch wieder einige Stücke, zum Beispiel an das Ethnologische Museum in Berlin; wieder andere wurden als Anerkennung für besondere Verdienste verschenkt oder getauscht.

Nöte eines Sammlers

Im Jahr 1929 brachte Oppenheim die Realiensammlung mit dem Orient-Forschungs-Institut in die Max Freiherr von Oppenheim-Stiftung ein. Bereits kurz nach der Eröffnung des Tell Halaf-Museums 1930 erwog er den Verkauf einzelner Exponate, um seine Stiftung als Lebensleistung und persönliches Vermächtnis dauerhaft zu konsolidieren und der drohenden Insolvenz zu entgehen. 1931 unternahm er in dieser Angelegenheit zwei mehrmonatige Vortragsreisen an die Ostküste der Vereinigten Staaten, um das Kaufinteresse an seiner Sammlung zu wecken. Obwohl Oppenheim der Empfehlung folgte, sich eine Auswahl islamischer Kunstwerke und Antiken, darunter auch Orthostaten vom Tell Halaf, nachschicken zu lassen, blieben die Offerten wegen der noch nicht überwundenen Wirtschaftskrise weit hinter dem errechneten Bedarf. Da er auf eine baldige Erholung des Marktes vertraute, wurden die circa 50 Ansichtsstücke im Mai 1932 bei Hahn Brothers Fireproof Warehouses, New York, eingelagert. Entgegen aller Erwartung sollte sich keine Gelegenheit mehr zum Verkauf ergeben. Als elf Jahre später das Office of Alien Property Custodian die Zwangsvollstreckung deutschen Eigentums in den USA anordnete, war auch Oppenheims Kunstgut von der Vesting Order 1330 betroffen. Auf die Initiative einer Schweizer Kanzlei mit Niederlassung in Washington, vor Ablauf einer weiteren Frist auf Rückgabe zu klagen, ging die Max Freiherr von Oppenheim-Stiftung 1949 nicht ein.

Goldbestickte Türeinfassung aus der Sammlung Oppenheim
Kaftane der Sammlung Max von Oppenheim im Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum

Herbe Verluste erlitt die Realiensammlung zwischen 1943 und 1945, als die Stiftungswohnung am Savignyplatz und das Tell Halaf-Museum mit dem benachbarten Direktorialgebäude den Bomben//Bombenangriffen zum Opfer fielen. Getragen von der Hoffnung, die Restbestände vor endgültiger Zerstörung, Diebstahl oder Beschlagnahme zu schützen, wurden die eilig gepackten Kisten auf verschiedene Standorte verteilt. Oppenheim selbst konnte von Dresden aus nur wenig mehr tun, als seine Mitarbeiter durch eine Flut von Briefen fast täglich neu zu mobilisieren und die Listen mit den »Lagerplätzen des Stiftungsgutes« fortlaufend zu aktualisieren; wie schwierig seine Anweisungen umzusetzen waren, belegen die vielen, zum Teil widersprüchlichen Notizen und Anmerkungen am Rande. Trotz aller Umsicht und Vorkehrungen hat Oppenheim letztendlich nicht verhindern können, dass nach Kriegsende noch viele Kisten mit Kunstwerken und Unterlagen ausgeraubt wurden oder durch unsachgemäße Lagerung Schaden nahmen.