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Die Phonogramme

Max von Oppenheims Liebe zur Musik wurde schon früh durch seine Eltern geweckt; musikalische Soireen und Hausmusikabende im geselligen Kreis, wie sie das Bildungsbürgertum des 19. Jahrhunderts pflegte, fanden regelmäßig im gastfreundlichen Elternhaus statt. In seiner Berliner Wohnung am Kurfürstendamm stand ein Flügel, der dem Musik-Salon im barock-orientalischen Stil seinen Namen gab. Beeindruckend auch die Sammlung arabischer und kurdischer Musikinstrumente, die er von seinen zahlreichen Orientreisen mitbrachte und die noch in Teilen erhalten sind.

Bild links: Singspielgruppe, Ras el Ain 1913

So listete das Inventar des Orient-Forschungs-Instituts zu Beginn der 1940er-Jahre unter »N. Ethnographi- sches« knapp 60 Musikinstrumente auf, darunter Spießgeigen, Lauten (Ud), Mandolinen, arabische Kastenzithern (kanun), verschiedene Blas- und Schlaginstrumente wie zum Beispiel Tamburin und Darbuka. Der Erwerbungsort wurde nur in Einzelfällen notiert. Besonders interessant sind daher die beiden kupfernen Kriegstrommeln, die laut der Beschreibung »aus der Beute des sudan-ägyptischen Mahdi« stammen sollten. Damit dürfte Oppenheim auf den sogenannten Mahdi-Aufstand gegen die ägyptische Herrschaft im Sudan anspielen, der 1899 blutig niedergeschlagen wurde. Laut Oppenheim hatten die Mahdisten auf solchen, von Kamelen getragenen Trommeln mit einem Kamelknochen zum Kampf geschlagen.

Wertvolle Tonaufnahmen

Noch vor Beginn der ersten Grabungskampagne am Tell Halaf kontaktierte Oppenheim den Leiter des Berliner Phonogramm-Archivs, Erich Moritz von Hornbostel. Das 1904 gegründete Archiv war bestrebt, seinen Bestand an Tonaufnahmen systematisch zu vermehren, indem es Expeditionen mit eigenen Geräten ausrüstete und Forschungsreisende im Umgang mit einem Phonographen schulte. Der Architekt Karl Müller, einer von Oppenheims Mitarbeitern am Tell Halaf, zeichnete für das Berliner Phonogramm-Archiv verschiedene traditionelle Gesänge auf, zum Teil mit instrumentaler Begleitung. Die Schallaufnahmen, laut Journal von 1913 im benachbarten Ras el Ain entstanden, zählen zu den frühesten Tondokumenten aus Mesopotamien und sind deshalb besonders wertvoll. Mehrere Aufnahmen konnten einer bestimmten Singspielgruppe zugeordnet werden, die der ethnischen Minderheit der Roma angehörte. Aufgenommen wurde unter anderem ein Lobgesang auf Oppenheim aus dem Stegreif gedichtet und von Said ibn Muhammed auf der Rababe (Spießgeige) vorgetragen. Die Ankunft der Familie, inklusive einiger Tänzer, wurde von Oppenheim ausführlich beschrieben, die akrobatischen Kunststücke sogar »kinematographiert«. Während die filmischen Aufnahmen und ein Teil der Textmitschriften heute verschollen sind, ergänzen einige Fotos aus Oppenheims umfangreicher Sammlung die Dokumentation.

Von den 33 Edison-Zylindern, die dem Phonogramm-Archiv 1930 übergeben wurden, sind 16 Wachswalzen (W. 6–9, 15–18, 20–24, 27, 31, 32) erhalten geblieben. Trotz zum Teil guter Klangqualität steht ihre umfassende wissenschaftliche Auswertung und Einordnung noch aus.